Platzhalter sind wichtig, möglichst vorn an den Füßen, damit man die Beine im Flugzeug ausstrecken kann. Das hier wird sich in den nächsten Tagen in meinen Notizzettel verwandeln.
Unterwegs
Ano, chutnalo dobře.
115 Stockwerke bin ich hochgestiegen, behauptet mein Telefon und lobt mich dafür. Mir kommt es viel mehr vor.
Der Blick aus dem 115. Stock ist atemberaubend, nach links blickt man bis schätzungsweise Poznań, rechts breitet Tschechien seine mit Nakládany Hermelin und Smažený Sýr lockenden Arme bis zum Horizont aus. Vor uns thront die Sněžka, sicher nochmal weitere 200 Stockwerke hoch.
Und hinter uns nur noch Lachen, Schnaufen und 19 Kilometer bis zur Wossecka Bouda, übrigens eine netzfreie Baude, wenn man dem technischen Gerät mal zeigen will, wer hier eigentlich das Chefy im Hause ist.
Dank einer überaus charmanten Reisebegleiterin sprechen wir jetzt alle fließend Tschechisch und mögen unser Nachbarland noch lieber als vorher. Außerdem ist Sommer. Es könnte gern immer alles so einfach sein.
Rübezahl wäre geimpft
„Wenn alle wollen duschen auf einmal, dann System bricht zusammen!“, warnt uns Baudenchef David, der mich ja an den Räuber Fürchtenix erinnert, eine Mischung aus Knedličky und Spejbl und mit Zahnlücke, sehr sympathisch.
So einfach ist es nicht, bis jetzt funktioniert das System super, frischeduftend finden wir uns abends nach ausgedehnten Skitouren oder Wanderungen an Davids Suppenkessel wieder, glücklich und fix und fertig.
Die Hoffnung stirbt zuletzt doch nicht
Wir sitzen in Hurghada auf dem Flughafen. Jeder Uniformierte Ägyptens durfte heute mal unseren Pass sehen, ein wenig am Körper rumstreichen, Schuhe, Socken und Gürtel auf korrekten Sitz kontrollieren und ein paar herrische Anweisungen geben.
All inclusive!
Du, du und du – ihr kriegt nüscht mehr! Ich stehe an einem der reichhaltig bestückten Buffets im Hotel – all inclusive – und überlege, wie das auf Russisch heißt, der kleinste der vier Männer sieht nämlich aus wie Putin, die anderen würden gern so aussehen, sind dafür aber viel zu fett.
Leave no one behind …
… ging heute nicht so richtig, Dieter ist zu eselig. Er bleibt stehen, wenn er laufen soll und läuft, wenn er stehen soll und nichts und niemand kann ihn zu etwas anderem überreden. Höchstens Futter, aber sobald es alle ist, beharrt Dieter wieder auf seinem Willen. Gibt ja als Belohnung was zu fressen.
Ich will weiterlesen!Rucola! Ach nee, Ricola!
Die Schweiz ist das Berg und Fluß gewordene „Die Kinder sind aus dem Haus“. Alles ist sauber und ordentlich, man fährt höchstens 130 (oder 110?), die Straßen sind aus Flüsterasphalt, das Zentrum eines jeden Ortes ist ein Bioladen mit regionalen Produkten und Yoga-Kurs. Der hat auch sonntags geöffnet, so ist jedem Achtsamkeitsmangel vorgebeugt. Nach halb acht abends ist es ruhig, schläfrig legt sich die Schweiz dann schon mal hin, sie „kann ja später nochmal aufstehen“, um bis morgen früh um neun nicht wieder munter zu werden.
Mein schönstes Ferienerlebnis…
…wäre der Delfin gewesen.
Nicht die Italienys, immer gestresst, außer wenn sie vor den Bars sitzen und sich in der schönsten Sprache der Welt, so die Italienys, unterhalten, häufig akustisch an überhebliche Enten in den Ruppiner Gewässern erinnernd. Tutti Knaatschi.
Auch nicht die südosteuropäische Infrastruktur zu nordwesteuropäischen Preisen, nicht die Milliarden Menschen, die dicht an dicht an steinigen Stränden liegen, sich durch pittoreske Dörfchen schieben, nach Sitzplätzen auf den Vaporettos Venedigs hetzen.
Nicht, dass mir das alles nicht irgendwie eine Weile gefallen würde, nur mit dem Delfin ist es nicht vergleichbar.
Es kam aber keiner, so sehr ich auch auf das Meer starrte.
Nach der Sintflut
Vielleicht ist Venedig untergegangen, bevor ich es gesehen habe. Der Himmel schüttete einen seiner gigantischen Eimer nach dem anderen auf die Stadt, auf uns, auf die Straßen, wo ohne Schwimmbrille überhaupt nichts mehr zu erkennen war. Im Radio lief „Yellow Submarine“ von den Beatles.
Letzteres habe ich mir ausgedacht, es kam „Sun is shining“ von Bob Marley, das Trommelstakkato des Regens überdröhnte es, vielleicht war das Radio auch aus. Wir flossen in reißenden Strömen aus Wasser und Blech die Dolomiten hinab, eine Eibenhecke bremste uns erst kurz hinter der Lagune auf einem kleinen Zeltplatz, wo wir jetzt Blutsbrüderschaft mit Millionen italienischer Mücken trinken.
Morgen nehmen wir ein Boot und sehen nach, was von der Stadt noch übrig ist.
Corona Grillenburg
Am 11.10.2020 wurde Mischenkas Fernweh so stark und schmerzend, dass er in das sich im Tharandter Wald befindliche Grillenburg aufbrach, um die dortigen Menschen und deren Gebräuche kennenzulernen, vielleicht gäbe es ja auch etwas Exotisches zu essen, solcherlei Dingen war Mischenka nie abgeneigt.
Die Anreise über so sagenumwobene Orte wie Freital und Hartha – schon der Klang, dieses so häufig zischend falsch ausgesprochen tie äjtsch – diese Anreise war eine lange, abenteuerliche, kurz hinter Tharandt war nämlich die Straße aufgerissen und eine Ampel regelte den Verkehr.