Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen. Dieser Spruch mag vor hundertfünfzig Jahren gestimmt haben, heute ist das Radio der Übeltäter.
Sobald ich es einschalte, fliegt mir der Baustellenhumor nur so um die Ohren, ich werde von wildfremden Berufspubertieren kreischend geduzt und muss deren Chartsvorlieben über mich ergehen lassen. Kein Problem denke ich, es lebe die Vielfalt und schalte um. Wenn ich Glück habe, lande ich bei einem Sender der gesprochenen Worte, stelle aber nach einer Weile fest, um die Uhrzeit fehlt mir einfach die Konzentration, erst recht der Wille zur akustischen Teilhabe am moralischen Untergang der politischen Welt. Zudem fordern Kinder und Kaffee volle Aufmerksamkeit, ich schalte erneut um. Peng bin ich bei Beamtendeutschrock und Friseusenmitmachtelefon. Die restlichen Bumsfallera-Sender verlinke ich nicht, das ist schlecht fürs Karma. Damit hat es sich mit der Vielfalt auch schon, zumindest in Dresden.
Wirklich in ganz Dresden? Nicht mehr im Hause mischenka: Hier werkelt seit gestern ein DNT IPdio mini pro und bringt uns die Welt in die Küche. Barbusige Sambatänzerinnen, hinternschwingende Goagogos, biertrinkende Headbangerinnen – ich kann sie jetzt alle am Frühstückstisch haben. Die Liebste bekommt zum Ausgleich schmachtende Yogis. Nun gut, sagt der Nerd, das ging mit meinem Laptop und einem selbstgelötetem Adapter für die gehaxorte Göbbelsschnauze vom Sperrmüll auch. Richtig, antworte ich, es gibt auch noch ganz andere lohnende Projekte für den technisch begabten Nachwuchs. Aber als heißgeliebter Gatte erhalte ich die Erlaubnis zum Rechnerhochfahren nicht nebenbei am frühen Morgen, da ist Vorarbeit in Form hochwertiger Geschenke und intensiver Teilnahme an der Strukturierung des Haushaltes gefordert. Ich würde sicher nur Schaden anrichten, orientalischer Tanz bei Nutella und Haferflocken wären gänzlich ausgeschlossen.
Nicht so mit dem neuen Küchenbewohner. Das erstaunlich hübsche Gerätchen ist mit dem Internetradioportal Reciva gekoppelt. Man loggt sich mit einem vom IPdio persönlich überreichten Geheimcode auf dieser Seite ein, wirft seine Lieblingssender und Podcasts in eine Formularbox und wie durch Zauberhand landen diese dann auf dem Display des technischen Wunderdings. Ja, auch Podcasts. Doch es kommt noch besser: Die eigene mp3-Sammlung kommt über Netzwerkfreigaben oder UPnP in die Küche, kocht leckere Sternemenüs und räumt danach alles blitzeblank wieder auf. Einfach herrlich.
Apropos herrlich: Herrlich kotzen kann ich immer von der Medienpolitik in Sachsen. Dagegen kann, nein muss man was tun!
Noch was: Wenn ich für diesen Artikel schon auf den Seiten des Bastelvereins unterwegs bin wünsche ich mir doch gleich was zu Weihnachten! Schenken! Mir!
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Vor zwei Wochen ging das Internetradio auf einmal nicht mehr an, dabei hatten wir uns so aneinander gewöhnt. Es ist zwar schon drei Jahre alt, also eine ziemliche Ewigkeit in unserer schnellebigen Technikwelt, aber wir haben eine Menge neue Musik damit kennengelernt und wollten ihm noch eine Chance geben.
Ich schrieb dem DNT-Service per Webformular eine Anfrage, ob und wenn ja wie denn da noch etwas zu reparieren sei. Die am darauffolgenden Tag eintrudelnde Antwort ließ mich wissen:
Sehr geehrter mischenka,
bitte senden Sie das Gerät frei (Sendungskosten zu ihren Lasten)
zur Kulanzüberprüfung an folgende Adresse ein:
dnt GmbH
Voltastraße 4
D-63128 Dietzenbach
Sollten Kosten für die Reparatur entstehen, informieren wir Sie vor der Ausführung, die Überprüfung ist auf jeden Fall dann kostenfrei.
Was ich nach ein paar Tagen auch tat. Der Versand kostete inklusive Kauf des Pappkartons ca. 8 Euro, das Päckchen ging am Dienstagnachmittag 17:00 Uhr auf die Reise. Als ich am Freitag von Arbeit nach Hause kam, trippelte der Postmann schon ungeduldig vor der Tür, ich rechnete zuerst – endlich! – mit einem schicken Paar Stiefelchen für die an chronischem Schuhmangel leidende Liebste. Weit gefehlt, es war das IPdio. Nach drei Tagen, kostenlos repariert und seitdem klaglos Dubside- und BigUp-Radio dudelnd!
Dankeschön, falls das jemand von DNT liest! Es passt so wunderbar in mein optimistisches Bild vom Menschen, der Welt und überhaupt: Alles wird gut!